Der Euro, die Politik, die Finanzwirtschaft - „wir“ sind in der Krise? (Newsletter Wirtschaftspsychologie)

Wir hören täglich „unser Geld ist in Gefahr“, und merken davon im Alltag noch so gut wie nichts. So entsteht bei immer mehr Menschen ein Widerspruch, der nach Auflösung drängt. Was können an dieser Stelle Wirtschaftspsychologen tun, um gute „Geld-Krisenhelfer“ zu sein?


Offensichtlich passiert etwas in der Welt, das in seiner Komplexität unser Verständnis von Wirtschaft und Staat übersteigt. Unvorstellbar steigen die Zahlen zu Geld in schwindelnde Höhen, die Summen der Schulden, genauso wie die Summen des neu gedruckten Geldes. Lösungen scheinen unmöglich, aber die Politik handelt trotzdem und beruhigt – noch!

Wer Krise hört, gerät in Stress, die natürliche Reaktion ist: er möchte fliehen oder kämpfen. Beides wird in unserem ganz normalen Alltag nicht abgerufen. Unbewusst entsteht ein Handlungsimpuls, der immer wieder gebremst wird, verpufft und schließlich zu einem Handlungsvakuum führt.

Dieses Vakuum will gefüllt werden. Und deshalb beginnt früher oder später bei jedem eine Suche nach Möglichkeiten, diese Sorge um die eigene oder gemeinsame Zukunft, in sinnvolle Handlungen umzumünzen. Doch was macht Sinn, wenn man nicht genau weiß, was los ist? Gold, Wälder, Oldtimer kaufen – oder Nahrungsmittel horten und Notkeller einrichten?

Wir sind in einer „unsichtbaren“ Krise mit Chance: Geld – so sagen die Ökonomen - lebt von Vertrauen. Doch sollen wir Geld vertrauen? Natürlich nicht: Vertrauen in Geld ist immer an das Vertrauen in andere Menschen gebunden. Nicht dem Geld, sondern demjenigen, der es besitzt, verwaltet, einzieht, ausgibt… müssen wir vertrauen. Und als erstes natürlich uns selbst. Hinterfragen wir also: Prüfe ich meine Beziehungen mit und ohne Geld? Und bin ich achtsam und mutig genug, das, was ich wahrnehme, auch in den Kontakt zu bringen? Als Ehepaar genauso, wie als Kunde von Finanzberatung und am Ende auch als Bürger von Europa, die die Verantwortung haben, Politik zu machen.

Wer als Psychologe Unternehmen oder einzelne Menschen in Vertrauenskrisen begleitet, kennt die Phasen genau, durch die jedes menschliche System in diesen Zeiten geht. Menschen besitzen auch in Krisen die Fähigkeit, mit Entscheidungen unter Unsicherheit gut umzugehen. Psychologen können dafür ein Bewusstsein schaffen, Gefühlen einen angemessenen Raum geben, einordnen helfen und wieder Vertrauen in sich selbst und in andere aufbauen helfen. Dazu gehört eine gewisse Neutralität, die auch wir Psychologen in diesem Fall - wo Staat, Gesellschaft und unser aller Geld betroffen sind - so leicht nicht haben.

Doch was können Sie als Wirtschaftspsychologen tun, um gute „Geld-Krisenhelfer“ zu sein? Am besten klären Sie zunächst die Frage: „Was ist Geld für mich?“ Welche Teile meiner Identität sind unbewusst mit Geld verbunden? Wie reagiere ich, wenn mein Geld seinen Wert verliert, über Nacht weg ist und durch neues Geld ersetzt wird? Wer bin ich – mit und ohne Geld?

Diese Fragen wirft die Krise auf, die Antworten, die jeder von Ihnen findet, sind wertvoll - weit über die aktuelle Situation hinaus!

Bei dem hier veröffentlichten Text handelt es sich um die Langversion des in gekürztem Umfang erschienenen Editorials im Newsletter Wirtschaftspsychologie 2/2012.

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